Es geht auch ohne Controller oder Maus: Computer lassen sich mit Gehirnströmen steuern - ob für Computerspiele
oder Gesundheitschecks. Forscher machen die einst unbezahlbare Technik massentauglich.
Entwickler im Silicon Valley lassen sich nicht gerne einschränken. Grenzen sind dazu da, überwunden zu werden.
Alte Weisheiten wie "Man kann Menschen nur vor den Kopf schauen" sind mehr Ansporn als Hindernis. Also machen
die Tüftler möglich, was lange Medizinern mit schwerem technischen Gerät vorbehalten war: Sie gucken ins
Gehirn - und machen die Technik dafür massenmarkttauglich.
Auf der Neuro-Gaming-Konferenz, die in dieser Woche zum zweiten Mal in San Francisco stattfand, zeigten Unternehmen,
was sie mit Geräten, die Gehirnströme messen, alles vorhaben. Das Spektrum reicht von Computerspielen über Produkte
für Gesundheitsbewusste bis hin zu modernster Medizintechnik.
Mindwave kann feststellen, wie sehr der Träger konzentriert oder entspannt er ist. Entwickler Lat Ware nutzt diese
Informationen in seinem Spiel: Konzentration bedeutet etwa heben oder springen, Entspannung schieben oder unsichtbar
werden. Je stärker die jeweilige Gehirnaktivität ist, desto stärker reagiert die Figur. Das Spiel kann auch zu mehreren gespielt
werden. Das Gerät wurde von der Firma Neuro Sky entwickelt. Es ist für jeden auf der Internetseite des Unternehmens
für rund 80 Dollar erhältlich.
Das eigene Gehirn besser verstehen
Tan Le geht es nicht um Spaß, sondern um "kognitive Wellness und Gesundheit". Die 36-Jährige ist Chefin von Emotiv.
Das Unternehmen bringt im Dezember dieses Jahres das Emotiv Insight auf den Markt, ein EEG-Gerät für den Hausgebrauch.
Es misst neben der Spannung auf der Stirn auch an vier anderen Stellen des Kopfes die elektrische Spannung. Die damit
verbundene App wertet die Daten aus, zeigt etwa wann der Nutzer Stress hatte, welche Gehirnregionen er aktiviert hat
und was er tun kann, um die anderen zu stimulieren.
"Es ist ein Produkt für Konsumenten, damit sie ihr eigenes Gehirn besser verstehen", sagt Tan Le. Dazu soll es reichen, das
Gerät einige Minuten am Tag zu tragen, doch je länger, je besser. Es sieht aus wie ein futuristischer, seitlich getragener
Haarreif mit mehreren Armen und ist sehr leicht.
Auf 100.000 US-Dollar Finanzierungshilfe hatte Emotiv bei der Crowdfunding-Plattform Kickstarter gehofft. Die waren in zwei
Stunden erreicht, am Ende kamen mehr als 1,6 Millionen US-Dollar zusammen. Verkaufen will Le - die die Vorhaben ihres
Unternehmens auch die "Demokratisierung der Gehirnforschung" nennt - das EEG-Gerät für 299 Dollar. 10.000 davon verschickt
sie noch im Dezember, im kommenden Jahr soll sich das Volumen vervierfachen, "vorsichtig geschätzt". Denn neben dem Verkauf
über die eigene Internetseite soll es dann auch bei Portalen wie Amazon erhältlich sein.
Ana Maiques geht es darum, das Prinzip der Gehirnstrommessung umzukehren. Sie ist die Chefin von Neuroelectrics, einer in
Barcelona ansässigen Firma. Sie stellt neben klassischen kabellosen EEG-Kappen unter dem Namen Starstim auch Kappen her,
die nicht nur elektrische Signale messen, sondern auch Impulse an das Gehirn senden können. Damit werden derzeit unter
anderem Schlaganfallpatienten behandelt. In Zukunft will Maiques - von der EU-Kommission zu einer der Innovatorinnen 2014
gewählt - auch Emotionen messen und sie hinterher wieder aufrufen können.
Ist eine solche vermessene Zukunft wünschenswert? Diese Frage stellt ein Zuhörer bei der Podiumsdiskussion. Die Antwort vom
Podium: Es sei schon immer der Traum der Menschen gewesen, besser zu werden.